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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland
Entscheidungsform:Urteil
Datum:18.12.1990
Aktenzeichen:VK 07/1990
Rechtsgrundlage:§ 9 Abs. 1 PrO; § 31 VwKG i.V.m. § 60 VwGO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Erste Theologische Prüfung
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Leitsatz:

Für den Lauf der Rechtsbehelfsfrist ist wegen der rechtlichen Bestimmungen des § 9 PrO allein auf die Zustellung der Prüfungsentscheidung abzustellen. Das gilt auch dann, wenn eine Kenntnisnahme von den Begründungen der Leistungsbewertungen während des Laufes der Rechtsbehelfsfrist aus Gründen, die beim Theologische Prüfungsamt liegen, nicht möglich war. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen ist daher schon vor Rücksprache im Prüfungsamt vorsorglich Widerspruch einzulegen. Ist dies nicht geschehen, stellt es auch keinen Entschuldigungsgrund im Sinne des § 60 VwGO dar.
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Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebühren- und auslagenfrei. Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
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Tatbestand:

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Nach einem Theologiestudium unterzog sich die Antragstellerin am 5./6. März 1990 der 1. Theologischen Prüfung, die sie nicht bestand. Unter anderem wurde ihre wissenschaftliche Arbeit in dem Fach “Altes Testament” mit “mangelhaft bewertet. Der Erstzensor hatte diese Arbeit mit “ausreichend” zensiert, der Zweitrezensent jedoch mit “mangelhaft”, wobei er folgende Nachschrift angefügt hat:
“Sollte der Zweit- oder Drittkorrektor für “ausreichend” plädieren, wäre ich einverstanden.”
Die Arbeit wurde sodann einem dritten Zensor vorgelegt, der sie mit “mangelhaft” bewertete.
Nachdem das Nichtbestehen der Prüfung der Antragstellerin bekannt gegeben worden war, äußerte diese den Wunsch, die Einzelbewertungen zu den schriftlichen Arbeiten zu hören. Als frühester Termin hierzu konnte das Landeskirchenamt nur den 6. April 1990 nennen. In diesem Termin verlas der Oberkirchenrat i.R. A. die Bewertungen. Nach dem Vortrag der Antragstellerin wies er sie zugleich auf die Möglichkeit der Beschwerde hin.
Die Beschwerde der Antragstellerin, die am 18. April 1990 beim Antragsgegner einging, wies der Beschwerdeausschuß in seiner Sitzung vom 17. Mai 1990, der Antragstellerin bekannt gegeben durch Bescheid vom 28. Mai 1990, zurück, weil sie die Widerspruchsfrist versäumt habe und der Widerspruch auch in der Sache selbst wegen des den Prüfern zustehenden Beurteilungsspielraumes keinen Erfolg habe.
Mit dem am 6. Juni 1990 eingegangenen Antrag zur Verwaltungskammer führt die Antragstellerin unter anderem aus: Landeskirchenrat Dr. E. habe ihr bei der Vorsprache vom 6. April 1990 versichert, eine von ihr zu fertigende Beschwerde habe als rechtzeitig eingetroffen zu gelten. Das Prüfungsamt habe die Bewertung des Zweitzensors mit “mangelhaft, auch mit ausreichend einverstanden” zugelassen, dann aber nicht respektiert. Die Möglichkeit, beim zweiten Rezensenten eine eindeutige Bewertung zu erfragen, sei nicht genutzt worden. Bei den anderen Bewertungen der schriftlichen Arbeiten sei in vier Fällen bei unterschiedlicher Bewertung durch die beiden ersten Rezensenten eine dritte Bewertung erfolgt, die sich in jedem Falle der schlechteren Bewertung angeschlossen habe.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner unter Aufhebung der Prüfungsentscheidung vom 6. März 1990 und der Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 17. Mai 1990 in der Fassung des Bescheides vom 28. Mai 1990 zu verpflichten, über die von der Antragstellerin am 5./6. März 1990 abgelegte Erste Theologische Prüfung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung der Verwaltungskammer zu entscheiden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er trägt unter anderem vor: Die Rechtsbehelfsfrist sei bereits am 19. März 1990 abgelaufen gewesen. In der Sache selbst sei die Bewertung der wissenschaftlichen Hausarbeit, insbesondere durch den Drittrezensenten, rechtsfehlerfrei erfolgt. Denn der Zweitrezensent habe die Arbeit eindeutig mit “mangelhaft” bewertet, was eine von dem Urteil des Erstrezensenten abweichende Bewertung sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im einzelnen wird auf den Inhalt der Akten der Verwaltungskammer, des Widerspruchsvorganges und der beigezogenen Beurteilungen über die wissenschaftliche Arbeit der Antragstellerin ergänzend Bezug genommen.
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Gründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg.
Zwar ist der Antrag nach § 9 Abs. 3 der Prüfungsordnung für die Erste und Zweite Theologische Prüfung in der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 24. Mai 1984, KABl. S. 113 (PrO) statthaft. Die Antragstellerin hat aber die Widerspruchsfrist nach § 9 Abs. 1 PrO versäumt, so daß die Prüfungsentscheidung vom 6. März 1990 unanfechtbar und damit bestandskräftig geworden ist.
Da der Prüfungsbescheid der Antragstellerin gem. Empfangsbestätigung am 6. März 1990 zugestellt worden ist, hat die Widerspruchsfrist nach § 9 Abs. 1 PrO zwei Wochen später, nämlich mit dem Ablauf des 20. März 1990 geendet. Der Widerspruch wurde aber erst mit Schreiben vom 10. April am 18. April 1990, und damt verspätet, eingelegt.
Der Antragstellerin ist auch nicht nach § 31 des Verwaltungskammergesetzes (VwKG) in Verbindung mit § 60 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, denn sie war nicht ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten. Die ihr zugestellte Rechtsbehelfsbelehrung war verständlich und wies sie vollständig und zutreffend auf den zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf hin.
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, deswegen, weil eine Kenntnisnahme der Antragstellerin von den Begründungen der Leistungsbewertungen während des Laufes der Rechtsbehelfsfrist aus Gründen, die beim Antragsgegners lagen, nicht möglich war, müsse diese Frist erst später, nämlich nach dieser Kenntnisnahme, zu laufen beginnen. Denn dies würde gegen die rechtliche Bestimmung des § 9 PrO verstoßen, die allein auf die Zustellung der Prüfungsentscheidung abstellt. Zum Zwecke der Vermeidung von Rechtsnachteilen hätte die Antragstellerin daher zweckmäßigerweise schon vor der Rücksprache im Prüfungsamt vorsorglich Widerspruch einlegen sollen. Daß dies nicht geschehen ist, kann weder die Widerspruchsfrist verlängern noch einen Entschuldigungsgrund im Sinne des § 60 VwGO darstellen.
Gegenüber der Fristversäumnis kann die Antragstellerin ferner nicht geltend machen, bei ihrer Vorsprache am 6. April 1990 habe ihr Landeskirchenrat Dr. E. versichert, eine von ihr noch zu fertigende – und einzureichende – Beschwerde habe als rechtzeitig eingetroffen zu gelten. Wenn eine solche Erklärung gemacht worden sein sollte, so wäre sie unbeachtlich, weil sie mit der vorstehend angeführten Rechtslage nicht zu vereinbaren wäre. Zudem war die Frist zu jenem Zeitpunkt bereits verstrichen, so daß die erwähnte Erklärung und ein dadurch etwa erzeugter Irrtum bei der Antragstellerin keinen Einfluß auf den ergebnislosen Fristablauf mehr gewinnen konnte.
Daher muß der Antrag zurückgewiesen werden.
Die Verwaltungskammer sieht sich aber auf Grund des vorliegenden Verfahrens zu folgenden, die Entscheidung allerdings nicht berührenden Erklärungen veranlaßt:
  1. Zum Zwecke der Vermeidung entsprechender Mißverständnisse wäre es vielleicht zweckmäßig, die Rechtsbehelfsbelehrung künftig um den Hinweis zu erweitern, daß der Lauf der Frist von der Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Einzelbewertungen bzw. von einem erst später durchzuführenden Vorsprachetermin nicht berührt wird.
  2. In der Sache selbst sollte klargestellt werden, daß jeder Rezensent zur Vermeidung eines Verstoßes gegen allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe eine unmißverständliche Note ohne Alternativvorschlag auswerfen muß und daß, wenn dennoch Alternativnoten gegeben werden, diese Bewertung außer Betracht bleiben muß mit der Folge, daß der weiter heranzuziehende Rezensent nicht Dritt-, sondern Zweitzensor ist, so daß zum Zwecke der Vermeidung eines Verfahrensfehlers bei Abweichung der Benotung durch den Erstzensor ein weiterer Rezensent zu beauftragen ist (der dann die Funktion des Drittzensors hat).
Diese Erwägungen vermögen aber nicht das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens zu beeinflussen, so daß es – leider – bei der Abweisung des Antrages verbleiben muß.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 29 VwKG.