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Geltungszeitraum von: 01.01.1959

Geltungszeitraum bis: ..

Neufassung
des Personenstandsgesetzes (PStG)

Bekanntmachung des Landeskirchenamtes vom 8. Dezember 1958

(KABl. S. 142)

Im Bundesgesetzblatt ist die Neufassung des Personenstandsgesetzes (PStG) vom 8. August 1957 (BGBl. I S. 1125)1# und die Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 12. August 1957 (BGBl. I S. 1139)2# verkündet worden.
Die in den genannten Veröffentlichungen enthaltenen neuen bzw. geänderten Bestimmungen sind am 1. Januar 1958 in Kraft getreten. Nachstehend bringen wir einen Auszug aus dem Personenstandsgesetz mit den wichtigsten Bestimmungen, die für die Praxis der Pfarrer und der Gemeindeämter von Bedeutung sind. Wir weisen dabei auf Folgendes hin:
  1. Die viel erörterten Bestimmungen über den Vorrang der standesamtlichen Eheschließung vor der kirchlichen Trauung finden sich in den §§ 67 und 67 a PStG.
    Die Vornahme einer kirchlichen Trauung ohne vorherige Eheschließung vor dem Standesamt ist danach, vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen, eine „Ordnungswidrigkeit.“ Diese Ordnungswidrigkeit ist zurzeit nicht strafbar. In § 68 PStG sind zwar bestimmte Ordnungswidrigkeiten mit Geldbuße bedroht, aber die §§ 67 und 67 a werden nicht genannt. Nichtsdestoweniger ist es Pflicht der Pfarrer und Pfarramtsverwalter, eine kirchliche Trauung erst vorzunehmen, wenn von den Eheschließenden der Nachweis der standesamtlichen Eheschließung beigebracht worden ist.
    Nur in den im § 67 PStG erwähnten Sonderfällen ist eine kirchliche Trauung vor der standesamtlichen Eheschließung zulässig, und zwar:
    1. wenn einer der Verlobten lebensgefährlich erkrankt ist und ein Aufschub nicht möglich ist;
    2. wenn ein auf andere Weise nicht zu behebender sittlicher Notstand vorliegt, dessen Vorhandensein kirchenamtlich bestätigt worden ist.
    Im Falle a) trifft der Pfarrer die Entscheidung unter eigener Verantwortung nach Anhören der Verlobten und des behandelnden Arztes, im Falle b) ist der Superintendent für die Entscheidung zuständig, der nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhaltes, möglichst im Einvernehmen mit dem Landeskirchenamt, einen mit Gründen versehenen Bescheid erteilt. Ein sittlicher Notstand liegt nicht vor, wenn nur wirtschaftliche Gründe gegen eine standesamtliche Eheschließung sprechen und eine standesamtliche Eheschließung überhaupt nicht beabsichtigt ist. Dieser Fall ist z. B. bei sogenannten Onkelehen gegeben, bei denen ein Ehepartner nach standesamtlicher Eheschließung seine Rente verlieren würde.
    Von besonderer Bedeutung für die Eheschließenden ist es aber zu wissen, dass eine kirchliche Trauung ohne standesamtliche Eheschließung auch dann nicht die rechtlichen Wirkungen einer bürgerlichen Eheschließung herbeiführen kann, wenn einer der in § 67 PStG vorgesehenen Ausnahmefälle vorliegt. Daher sind die Brautleute, wenn sie in einem Ausnahmefall eine kirchliche Trauung ohne vorherige standesamtliche Eheschließung begehren und die Trauung nach § 67 PStG zulässig ist, von dem Pfarrer ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Trauung nicht die rechtlichen Wirkungen einer bürgerlichen Eheschließung hat. Wir empfehlen, hierüber einen Revers aufnehmen zu lassen, so dass jederzeit der Nachweis über diese vor der Trauung erfolgte Belehrung geführt werden kann.
    Hat ein Pfarrer die kirchliche Trauung vor der standesamtlichen Eheschließung vorgenommen, so hat er dies dem zuständigen Standesamt unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Er begeht eine Ordnungswidrigkeit, wenn er diese Anzeige unterlässt (§ 67 a PStG).
  2. Unsere Verfügung betr. Eintragungen über die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft in den Standesamts- und Meldeamtsregistern vom 19. November 1955 (KABl. S. 130) ist, nachdem das neue Personenstandsgesetz in Kraft getreten ist und der in unserer Veröffentlichung erwähnte Runderlass des Innenministers von Nordrhein-Westfalen vom 24. Oktober 1955 durch Runderlass vom 20. August 1958 aufgehoben worden ist, in Zukunft nicht mehr anzuwenden. Es gelten vielmehr die Bestimmungen des neuen Personenstandsgesetzes. Danach kann der Wechsel der rechtlichen Zugehörigkeit oder die Nichtzugehörigkeit zu einer Kirche bei Personen, die einer Kirche, Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft angehört haben, erst dann eingetragen werden, wenn der Austritt nachgewiesen worden ist. Ebenso kann der Eintritt in eine Kirche nur dann eingetragen werden, nachdem der Eintritt nachgewiesen worden ist (§ 69 a PStG). In den Ländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland ist für die Form des Austritts aus einer Religionsgemeinschaft öffentlichen Rechts das preußische Gesetz vom 30. November 1920 (GS. 1921 S. 119)3# maßgebend. Hiernach kann der Austritt aus einer Religionsgesellschaft mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Amtsgericht des Wohnsitzes erklärt werden. Dementsprechend darf der Standesbeamte eine Eintragung des Wechsels des Religionsbekenntnisses in dem von ihm geführten Familienbuch gemäß § 14 Nr. 8 PStG nur vornehmen, wenn eine Bescheinigung des zuständigen Amtsgerichts über den vollzogenen Austritt vorgelegt wird und eine Bescheinigung der betreffenden Religionsgemeinschaft, dass der Antragsteller in die Religionsgemeinschaft aufgenommen worden ist. Wenn der Antragsteller bisher keiner Religionsgemeinschaft angehört hat, genügt die Bescheinigung der betreffenden Religionsgemeinschaft, in die der Antragsteller eingetreten ist.
    Aus gegebenem Anlass weisen wir darauf hin, dass die Pfarrer und die Leiter von Gemeindeämtern darauf achten müssen, ob bei Aufnahmen, Übertritten und Wiedereintritten in die evangelische Kirche das richtige Religionsbekenntnis vom Standesbeamten im Familienstammbuch eingetragen worden ist. Andernfalls sind die neu aufgenommenen Gemeindeglieder anzuhalten, unter Vorlage der amtsgerichtlichen Mitteilung über ihren Austritt und der kirchenamtlichen Bescheinigung über ihre Aufnahme bzw. Übertritt oder Wiedereintritt in die evangelische Kirche, die Eintragung des richtigen Religionsbekenntnisses sowohl in das Familienbuch, das sich beim Standesamt befindet, als auch in das Stammbuch der Familie (Familienstammbuch), das sich in ihrem persönlichen Besitz befindet, bei dem zuständigen Standesamt zu erwirken. In der Regel ist das Standesamt zuständig, bei dem die Eheschließung stattfand. In Zweifelsfällen ist eine Auskunft bei dem örtlichen Standesamt einzuholen. In dem zurzeit gebräuchlichsten Familienstammbuch, erschienen im Verlag für Standesamtswesen GmbH, Frankfurt (Main), wird das Religionsbekenntnis bzw. die Änderung des Religionsbekenntnisses auf der Anlage zu S. 2, betr. Auszug aus dem Familienbuch, und zwar in Spalte IV–VI durch den zuständigen Standesbeamten eingetragen.
    Bei dieser Gelegenheit weisen wir darauf hin, dass im Familienstammbuch auf Seite 5 und 6 die kirchliche Trauung, auf Seite 8, 10, 12, 14, 16 und 18 die Taufe und auf Seite 19 bis 22 die kirchliche Bestattung eingetragen werden kann. Für Konfirmationen befindet sich ein Vordruckraum ohne besondere Überschrift auf den Seiten 8, 10, 12, 14, 16 und 18.
  3. Vom Standesamt werden neben den Personenstandsbüchern auch Zählkarten geführt, die bei den Beurkundungen von Geburten, Sterbefällen und Eheschließungen Eintragungen über die rechtliche Zugehörigkeit zu einer Kirche, Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft auch dann enthalten, wenn die Betreffenden mit einer entsprechenden Eintragung im Personenstandsbuch nicht einverstanden sind. Die Anzeigenden oder Eheschließenden sind auskunftspflichtig, soweit diese Angaben nicht aus den Eintragungen in den Personenstandsbüchern hervorgehen (§ 69 a Abs. 2 PStG). Die Standesbeamten sind verpflichtet, die Zählkarten vertraulich zu behandeln (§ 565 der Dienstanweisung für Standesbeamte4#).
    Kirchliche Behörden sind nicht berechtigt, Einsicht in die Zählkarten zu nehmen. Der Standesbeamte führt über die in den Zählkarten enthaltenen Angaben Namenslisten (§ 69 a Abs. 2 Satz 4 PStG). In der Spalte „rechtliche Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Kirche, Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft“ des Namensverzeichnisses sind stets die Angaben über die rechtliche Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit der Eltern oder der Mutter des unehelichen Kindes (bei glaubensverschiedenen Ehen die des Vaters und der Mutter), der Ehegatten und des Verstorbenen zu vermerken (§ 89 Abs. 1 Dienstanweisung für Standesbeamte). Die Pfarrer und die Leiter von Gemeindeämtern haben das Recht, Auskünfte aus dem Namensverzeichnis zu verlangen. Das Recht auf Auskunft beschränkt sich jedoch auf Personen, die der evangelischen Kirche angehören (§ 69 a Abs. 2 letzter Satz PStG; § 89 Abs. 2 Dienstanweisung für Standesbeamte).
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1 ↑ Nr. 445.
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2 ↑ Nr. 446.
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3 ↑ In Nordrhein-Westfalen gilt jetzt das Kirchenaustrittsgesetz vom 26. Mai 1981 (Nr. 17) und nicht mehr das preußische Gesetz vom 30. November 1920 (Nr. 18).
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4 ↑ Jetzt § 398 Abs. 6 der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden (Nr. 447)