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Kirchengericht: | Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland |
Entscheidungsform: | Urteil |
Datum: | 03.05.1999 |
Aktenzeichen: | VK 21/1998 |
Rechtsgrundlage: | § 91 Abs. 1 Pfarrerdienstgesetz (PfDG); §§ 23 Abs. 1, 31 Abs. 3 Pfarrbesoldungs- und -versorgungsordnung (PfBVO) |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: | Fürsorgepflicht, Pfarrerin / Pfarrer, Versetzung in den Ruhestand |
Leitsatz:
- Die Drei-Jahresfrist des § 91 Abs. 1 PfDG ist für das Landeskirchenamt zwingend, somit ist es unerheblich, ob das Landeskirchenamt sich hinreichend um eine neue Pfarrstelle oder einen Beschäftigungsauftrag für den Pfarrer im Wartestand bemüht hat, auch kommt es nicht darauf an, ob dieser die ihm angebotenen Stellen unverschuldet nicht erhalten hat.
- Wird ein Pfarrer im Wartestand zusammen mit anderen Pfarrern, bei denen ein erhöhtes Vermittlungsinteresse der Kirchenleitung besteht, auf einer Liste geführt, und wird er mehrfach den Presbyterien von Kirchengemeinden benannt, soweit der Kirchenleitung das Vorschlagsrecht für eine Pfarrstellenbesetzung zusteht.
- Kein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht liegt vor, wenn das Landeskirchenamt hinreichend für den Pfarrer im Wartestand tätig geworden ist. Die Fürsorgepflicht bleibt jedenfalls dann gewahrt, wenn der Pfarrer im Wartestand zusammen mit anderen Pfarrern, bei denen ein erhöhtes Vermittlungsinteresse der Kirchenleitung besteht, auf einer Liste geführt wird und er, soweit der Kirchenleitung das Vorschlagsrecht für eine Pfarrstellenbesetzung zusteht, mehrfach den Presbyterien von Kirchengemeinden benannt wird und das Landeskirchenamt ihn wiederholt auf Beschäftigungsaufträge hinweist.
- Ein Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand kann auch vor Ablauf der Drei-Jahresfrist ergehen, wenn der Ruhestand fristgemäß beginnt und die Versetzung in den Ruhestand bis zu diesem Zeitpunkt jederzeit aufgehoben werden kann.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
#Tatbestand
###Der Kläger ist seit dem 1. September 1998 Pfarrer im Ruhestand bei der Beklagten. Er ist unanfechtbar zum 1. Juli 1993 aus der Evangelischen Kirchengemeinde Name gemäß § 49 Abs. 1 b Pfarrerdienstgesetz alter Fassung (PfDG a.F.) abberufen worden, nachdem die Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland mit Urteil vom 7. März 1994 seinen Antrag auf Aufhebung der Abberufung zurückgewiesen hat (AZ: VK 4/1993). Sodann ist er unanfechtbar mit Wirkung vom 1. August 1995 gemäß §§ 53 Abs. 3, 56 Abs. 1 b PfDG a.F. in den Wartestand versetzt worden mit einem Wartegeld von 75% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, nachdem die Verwaltungskammer mit Urteil vom 22. April 1996 die Anträge auf Aufhebung der Versetzung in den Wartestand und der Minderung des Diensteinkommens zurückgewiesen hat (VK 3/1996).
Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 1.7.1998, zugestellt am 8.7.1998, versetzte das Landeskirchenamt den Kläger gemäß § 91 Abs. 1 Pfarrdienstgesetz (PfDG) mit Wirkung vom 1. September 1998 in den Ruhestand.
Der Kläger legte gegen diesen Bescheid mit Fax vom 31.7.1998 Widerspruch ein und begründete ihn mit Schreiben vom 31.8.1998 wie folgt :
Die Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 PfDG seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe sich nicht hinreichend bemüht, ihm eine neue Pfarrstelle oder einen Beschäftigungsauftrag zu verschaffen. Aus den Akten würden sich lediglich vereinzelte Mitteilungen des Landeskirchenamtes an ihn, sich bei Kirchengemeinden zu bewerben, ergeben, ohne entsprechende Empfehlungen bei den Ansprechpartnern.
Auch die Kontaktaufnahmen für Beschäftigungsaufträge, zu denen das Landeskirchenamt ihn aufgefordert habe, seien nicht vorbereitet gewesen, d.h. wohlwollend angekündigt worden. Aus diesen Gründen habe er während der vergangenen drei Jahre weder eine Pfarrstelle noch einen Beschäftigungsauftrag erhalten.
Der Beschwerdeausschuß der Beklagten hat mit Entscheidung vom 17.10.1998 den Widerspruch des Klägers gegen die Versetzung in den Ruhestand (gemäß § 91 Abs. 1 PfDG) zurückgewiesen, was ihm mit Schreiben vom 19.10.1998, zugestellt am 26.10.1998, mitgeteilt wurde.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Versetzung in den Ruhestand sei rechtmäßig, da es sich bei § 91 Abs. 1 PfDG um eine zwingende Vorschrift handele und die Voraussetzungen vorlägen. Der Vortrag des Klägers, der auf eine Verletzung der Fürsorgepflicht der Beklagten abziele, sei rechtlich irrelevant und unzutreffend. Das Landeskirchenamt habe sich auf Anfrage und in den Stellenbesetzungsfällen, in denen die Kirchenleitung ein Vorschlagsrecht gehabt habe, um die Vermittlung des Klägers in Pfarrstellen intensiv bemüht. So habe die Kirchenleitung den Kläger auf einer Liste mit anderen Pfarrerinnen und Pfarrern geführt, bei denen sie ein erhöhtes Vermittlungsinteresse gehabt habe. Vergleichbares gelte zur Erteilung eines Beschäftigungsauftrages. Letztmalig habe sie den Kläger am 19. August 1998 für die auf Vorschlag der Kirchenleitung zu besetzende dritte Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde Mittelmeiderich benannt. Das Presbyterium habe es jedoch abgelehnt, den Kläger in das weitere Vorschlagsverfahren einzubeziehen, was ihm auch mitgeteilt worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 25.11.1998, eingegangen am 27.11.1998, Klage.
Er machte geltend, der Bescheid des Landeskirchenamtes über seine Versetzung in den Ruhestand vom 1.7.1998 sei rechtswidrig bereits vor Ablauf der Drei-Jahresfrist des § 91 Abs. 1 PfDG ergangen, da zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Vorschrift noch nicht vorgelegen hätten. Außerdem sei der Bescheid mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, da der im Pfarrdienstgesetz enthaltene Automatismus von Abberufung wegen Unmöglichkeit der gedeihlichen Führung des Pfarramtes über die Versetzung in den Wartestand und anschließend in den Ruhestand unzumutbar nachhaltig in seine subjektive Rechtsstellung eingreife, zumal ihm ein Verschulden nicht vorgeworfen worden sei. Aus Artikel 33 Abs. 5 GG, der im Hinblick auf das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Pfarrers zu beachten sei, ergebe sich, daß eine Entfernung aus dem Amt nur bei Nachweis eines schwerwiegenden Verschuldens möglich und mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn eine Kürzung des Gehalts auf 75% nicht vereinbar sei.
Ferner sei § 91 Abs. 1 PfDG dahin auszulegen, daß eine Versetzung in den Ruhestand nach Ablauf von drei Jahren nur dann in Betracht komme, wenn die Bemühungen des Pfarrers im Wartestand um eine neue Stelle aktiv durch das Landeskirchenamt unterstützt worden und die Übertragung der Pfarrstelle am Verschulden des Pfarrers gescheitert wäre.
Die Bemühungen des Landeskirchenamtes um Übertragung einer Pfarrstelle auf ihn hätten nicht in ausreichendem Maße stattgefunden, da keine Empfehlungen des Landeskirchenamtes gegenüber Dritten erfolgt seien, sondern lediglich Mitteilungen an ihn, sich bei Kirchengemeinden zu bewerben.
Ebenso habe das Landeskirchenamt ihn zwar zur Kontaktaufnahme für Beschäftigungsaufträge aufgefordert, ihn aber bei den Kontaktstellen nicht wohlwollend angekündigt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landeskirchenamtes vom 1.7.1998 betreffend die Versetzung in den Ruhestand mit Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entscheidung in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.10.1998 aufzuheben;
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, mit der Versetzung in den Ruhestand das ungeminderte Diensteinkommen vor der Versetzung in den Wartestand zu zahlen;
weiterhin hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, mit der Versetzung in den Ruhestand keine Minderung des Diensteinkommens vorzunehmen, sondern weiterhin die jeweiligen Wartestandsbezüge zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die Ausführungen des Beschwerdeausschusses. Weiter macht sie geltend, § 91 PfDG sehe nur den Zeitablauf von drei Jahren, sonst keine weiteren Bedingungen vor. Ferner habe der Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand mit Wirkung vom 1. September 1998 bereits vor Ablauf der Drei-Jahresfrist erlassen werden können. Außerdem sei das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Autonomieprinzips der Kirche für Verfahren über kirchliche Dienstverhältnisse unzuständig. Schließlich seien die Behauptungen des Klägers, es hätten keine ausreichenden Vermittlungsbemühungen stattgefunden, nachweislich der Akten falsch.
#Gründe:
Die rechtzeitig eingelegte Klage ist nach § 19 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGG) zulässig, denn das Vorverfahren nach § 9 Verwaltungskammergesetz (VwKG), § 22 VwGG ist eingehalten.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Gemäß § 91 Abs. 1 PfDG sind Pfarrer im Wartestand in den Ruhestand zu versetzen, wenn ihnen bis zum Ablauf von drei Jahren nach Beginn des Wartestandes nicht erneut eine Pfarrstelle übertragen oder ein Beschäftigungsauftrag erteilt worden ist. Diese Vorschrift ist für das Landeskirchenamt zwingend.
Der Kläger ist unanfechtbar mit Wirkung vom 1. August 1995 in den Wartestand versetzt worden. Anschließend war er weder in einer Pfarrstelle noch in einem Beschäftigungsverhältnis tätig. Die Drei-Jahresfrist ist am 1. August 1998 abgelaufen. Das Landeskirchenamt hat den Kläger daher mit Recht mit Wirkung vom 1. September 1998 in den Ruhestand versetzt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es unerheblich, ob das Landeskirchenamt sich hinreichend bemüht hat, ihm eine neue Pfarrstelle oder einen Beschäftigungsauftrag zu verschaffen, oder ob er die ihm angebotenen Stellen ohne sein Verschulden nicht erhalten hat.
Die Beklagte ist jedoch in Erfüllung ihrer Fürsorgepflicht hinreichend für den Kläger tätig geworden, wie sich aus den Akten seit dem Verfahren VK 3/1996 ergibt. Er wurde zusammen mit anderen Pfarrern auf einer Liste geführt, bei denen ein erhöhtes Vermittlungsinteresse der Kirchenleitung bestand und mehrfach den Presbyterien von Kirchengemeinden benannt, soweit der Kirchenleitung das Vorschlagsrecht für eine Pfarrstellenbesetzung zustand. Außerdem hat das Landeskirchenamt ihn wiederholt auf Beschäftigungsaufträge hingewiesen. Es war dann Sache des Klägers, die Angebote zu verwirklichen.
Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand nach seiner Abberufung und seiner Versetzung in den Wartestand ohne Vorwurf eines Verschuldens verstößt auch nicht gegen Artikel 33 Abs. 5 GG, was ohne Prüfungskompetenz der Verwaltungskammer zur Rechtmäßigkeit von kirchlichen Gesetzen feststeht. Diese Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 5.7.1983 in NJW 1983/2569 f) auf die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse der Kirchen weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
Das Landeskirchenamt durfte ferner den Bescheid über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand auch vor Ablauf der Drei-Jahresfrist am 1.7.1998 fassen, da der Ruhestand fristgemäß erst am 1. September 1998 begann und die Versetzung in den Ruhestand bis zu diesem Zeitpunkt jederzeit hätte aufgehoben werden können.
Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand ist somit Rechtens.
Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf seine vollen Dienstbezüge oder auf das bisher gezahlte Wartegeld.
Als Beamter im Ruhestand steht dem Kläger nach § 23 Abs. 1 Pfarrbesoldungs- und -versorgungsordnung (PfBVO) Versorgung in entsprechender Anwendung des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) zu. Nach § 14 Abs. 1 BeamtVG beträgt das Ruhegehalt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,875% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, höchstens 75%. Als Pfarrer im Wartestand gebührten ihm gemäß § 31 Abs. 3 PfBVO 75% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge.
Diese Regelungen in §§ 23 Abs. 1, 31 Abs. 3 PfBVO verstoßen nicht gegen höherrangiges staatliches Recht, was ebenfalls ohne Prüfungskompetenz zur Rechtmäßigkeit dieser Gesetze festzustellen ist. Das in Artikel 140 GG, 137 Abs. 3 WRV gewährleistete Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften beinhaltet, daß sie frei bestimmen dürfen, welche Anforderungen an die Amtsinhaber gestellt werden können und welche Rechte und Pflichten diese haben (BVerwG-Urteil vom 5.11.1982, BVerwGE 66/241).
Schließlich lag die sofortige Vollziehung der Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand im besonderen kirchlichen Interesse gemäß § 24 Abs. 1 VwGG, da der Käger als Pfarrer im Ruhestand Anspruch auf Versorgung hat, statt auf das höhere Wartegeld.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 1 VwGG.
Die Berufung war zuzulassen, denn die Frage der Rechtmäßigkeit des Erlasses des Ruhestandsbescheides vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 91 Abs. 1 PfDG hat grundsätzliche Bedeutung.
Rechtsmittelbelehrung gemäß § 52 VwGG
Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich (Anschrift: Geschäftsstelle der Verwaltungskammer der EKiR, Hans-Böckler-Straße 7, 40476 Düsseldorf) oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle der Verwaltungskammer Berufung eingelegt werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Berufungsfrist bei dem Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche der Union eingeht.
Die Berufungsschrift muß das angefochtene Urteil bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden.