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Kirchengericht: | Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Urteil |
Datum: | 17.12.2020 |
Aktenzeichen: | 0136/A1-2020 |
Rechtsgrundlage: | § 15 Abs.1 Nr. 1 VwGG.EKD, § 17 Abs. 2 VwGG.EKD, §§ 5 Abs. 3, 14 Abs. 2 FwVO |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: |
Leitsatz:
- Nach § 17 Abs. 2 VwGG.EKD kann eine Klage mit dem Ziel des Erlasses einer kirchlichen Entscheidung nur erheben, wer geltend machen kann, in einem Anspruch auf das Begehrte verletzt zu sein.
Die Klagebefugnis ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsprinzips, dass allein die gerichtliche Geltendmachung eigener Rechte möglich sein soll, nicht hingegen fremder Rechte.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
#Tatbestand
###Die Klägerin begehrt von der beklagten Landeskirche die aufsichtliche Genehmigung zweier Verträge.
Am 1. Dezember 2014 schloss die Klägerin mit der Beigeladenen einen Pachtvertrag sowie einen Betriebsführungsvertrag ab. Es ging um einen Teil des von der Beigeladenen betriebenen Friedhofs.
Der auf fünfzig Jahre geschlossene Pachtvertrag sieht in § 1 Abs.1 Satz 2 als dessen Zweck die Etablierung neuer bzw. zusätzlicher Bestattungsoptionen vor. Nach dem Betriebsführungsvertrag soll die Klägerin als Betreiberin der Pachtfläche die neuen Bestattungsformen ausschließlich mit Urnen- bzw. Aschbeisetzungen vornehmen und die Vermarktung vornehmen. Nach § 2 dieses Vertrages sollen nur einige Bestimmungen der Friedhofssatzung und der Friedhofsgebührensatzung Anwendung finden. Neben bestimmten Gebühren für die Beigeladene soll die Klägerin für die Nutzung der Grabflächen privatrechtliche Entgelte erheben können.
Nach § 9 Abs.1 des Betriebsführungsvertrages ist die Laufzeit dieses Vertrages an die Dauer des Pachtvertrages geknüpft.
Die gemäß § 5 Abs. 3 (für den Pachtvertrag) und § 14 Abs. 2 (für den Betriebsführungsvertrag) der Verordnung für das Friedhofswesen in der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und in der Lippischen Landeskirche (im Folgenden: FwVO) erforderliche Genehmigung der Verträge durch die Landeskirche holte die Beigeladene nicht ein. Erst nachdem die Beklagte aus Beiträgen im Rundfunk und der Presse von der Existenz des Betriebsführungs- und Pachtvertrages erfuhr, legte die Beigeladene diese Verträge am 21. Mai 2017 der Beklagten zwecks Genehmigung vor.
Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, dass sich aus dem Betriebsführungsvertrag ergebe, dass nach dem Willen der beiden Vertragsparteien die Bestimmungen der Friedhofssatzung nur eingeschränkt anzuwenden wären. Auch sollte die Beigeladene, wie sich aus einer weiteren Regelung im Betriebsführungsvertrag ergab, Gebühren für die Übertragung des Nutzungsrechts erhalten, ohne dass insoweit eine konkrete Berechnung des zu entrichtenden (kostendeckenden) Entgelts vorgenommen werden sollte.
Nach Auffassung der Beklagten lag hieran ein Verstoß gegen kirchen- und landesrechtliche Regelungen, sodass seitens der Beklagten die Genehmigung beider Verträge gegenüber der Beigeladenen mit Bescheid vom 28. November 2017 verweigert wurde.
Die Beigeladene legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 9. Januar 2018 Widerspruch ein, der seitens der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2019 zurückgewiesen wurde. Hiergegen wurde keine Klage erhoben, vielmehr beschloss das Presbyterium der Beigeladenen ausdrücklich auf die Möglichkeit des Klageverfahrens zu verzichten.
Die Klägerin ihrerseits legte allerdings unter dem 19. Januar 2018 Widerspruch gegen den Versagungsbescheid ein, der seitens der Beklagten mit Bescheid vom 6. Januar 2020 mangels Widerspruchsbefugnis als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Februar 2020 beim Kirchengericht Klage erhoben.
Die Klägerin ist der Auffassung, in ihren Rechten als Gewerbetreibende und Investorin sowie in ihrer Berufsfreiheit gemäß Art. 12 und 14 Grundgesetz (im Folgenden: GG) durch die Versagung der Genehmigung der beiden vorgelegten Verträge verletzt zu sein. Sie stellt sich daher auf den Standpunkt, dass ihr selbst ein Anspruch auf Genehmigung der Verträge zustehe, sodass sie einen dementsprechenden Verpflichtungsanspruch gegenüber der Beklagten erheben und durchsetzen könne.
Die Klägerin beantragt,
- die Beklagte zu verpflichten, die von der Evangelischen Kirchengemeinde C am 17. November 2014 beantragte Genehmigung für den Pacht- und den Betriebsführungsvertrag vom 01. Dezember 2014 zwischen ihr und der Klägerin bezüglich des Friedhofsteils unter Aufhebung des Bescheides vom 28. November 2017 und des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 06. Januar 2020 zu erteilen,
- hilfsweise, den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2017 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 06. Januar 2020 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unzulässig und verteidigt ihre Entscheidung, die vorgelegten Verträge nicht zu genehmigen. Die Klägerin solle nicht als bloße Verwaltungshelferin agieren, sondern im Wege einer unzulässigen Beleihung wie eine Friedhofsträgerin selbst.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag, verweist aber auf ihre Widerspruchsbegründung, nach welcher für sie ein Anspruch auf Genehmigung bestanden hätte.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
#Gründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Der Rechtsweg zum Kirchengericht der EKD - Verwaltungskammer - ist eröffnet
Gemäß § 15 Abs.1 Nr. 1 VwGG.EKD ist der kirchliche Verwaltungsrechtsweg für kirchenrechtliche Streitigkeiten aus dem Recht der kirchlichen Aufsicht über Kirchengemeinden, Kirchenkreise und andere juristische Personen des Kirchenrechts eröffnet.
Die Klägerin begehrt die Genehmigung zweier Verträge gegenüber der Beigeladenen nach §§ 5 Abs. 3, 14 Abs. 2 FwVO. Diese Bestimmungen sind zweifellos kirchenaufsichtlicher Natur. Allerdings ist die Kirchengerichtsbarkeit der Idee nach ein Binnensystem für natürliche oder juristische Personen, die durch Kirchenrecht mit der Kirche verbunden sind. Dazu zählt die Klägerin als Handelsgesellschaft nicht. Das schließt allerdings nicht aus, dass in besonderen Fällen auch externe Personen, die lediglich in einer Sonderbeziehung zu einer natürlichen oder juristischen Person des Kirchenrechts stehen, hier die Klägerin zur beigeladenen Gemeinde, vom kirchlichen Rechtsschutz erfasst werden. Dass anderenfalls nach dem Willen des Kirchengesetzgebers in Fragen der kirchlichen Rechtsaufsicht staatliche Gerichte tätig werden sollen, ist nicht anzunehmen. Zudem bestünde vorliegend die Gefahr, dass sowohl staatliches wie kirchliches Gericht den Rechtsweg zu sich jeweils verneinten, was sich aus der Verfügung des parallel angerufenen Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 17. November 2020 ergibt, nach welcher die Eröffnung des staatlichen Verwaltungsrechtsweges bezweifelt wird. Es gibt keine gemeinsame übergeordnete Instanz, die einen negativen Kompetenzkonflikt der Gerichte entscheiden könnte.
Schließlich hat auch die Beklagte diesbezüglich keine Bedenken gesehen und im Widerspruchsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung mit Verweis auf den Rechtsweg zum Kirchengericht erteilt.
Die Verwaltungskammer bejaht daher den Rechtsweg zu sich.
2. Die Klage ist unzulässig.
Denn der Klägerin fehlt die Klagebefugnis. Nach § 17 Abs. 2 VwGG.EKD kann eine Klage mit dem Ziel des Erlasses einer kirchlichen Entscheidung nur erheben, wer geltend machen kann, in einem Anspruch auf das Begehrte verletzt zu sein. Während bei einer Klage auf Leistung an sich selbst (hier: Erlass eines Verwaltungsaktes) diese Rechtsverletzung regelmäßig geltend gemacht werden kann, ist das bei einem Begehren auf Leistung an einen anderen, hier die Genehmigung gegenüber der Beigeladenen, nur ausnahmsweise der Fall. Denn die Klagebefugnis ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsprinzips, dass allein die gerichtliche Geltendmachung eigener Rechte möglich sein soll, nicht hingegen fremder (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO für das staatliche Verwaltungsprozessrecht). Die Genehmigung der beiden Verträge wäre vorliegend allein gegenüber der Beigeladenen unter Beachtung derer Rechte auszusprechen, die Klägerin ist an diesem kirchlichen Aufsichtsverhältnis nicht beteiligt. Das bedeutet vorliegend zunächst eine Klagebefugnis (nur) der Beigeladenen, die hiervon keinen Gebrauch gemacht hat. Diese verfahrensrechtliche Konstellation ist im Aufsichtsrecht, das grundsätzlich allein öffentlichen, hier kirchlichen Interessen zu dienen hat, die regelmäßige.
Eine drittschützende Rechtsnorm, welcher Klägerin hier ausnahmsweise eine eigene Rechtsposition gegenüber der Beklagten in Bezug auf die Genehmigung eröffnen könnte, liegt nicht vor:
So kann die Klagebefugnis nicht allein darauf gestützt werden, dass die Verordnung über das Friedhofswesen in § 5 Abs. 3 und § 14 Abs. 2 die Möglichkeit eröffnet, dass der Friedhofsträger „Dritten“ Friedhofsgrundstücke zur Verfügung stellt bzw. Verwaltungsaufgaben „Dritten“ überträgt. Allein durch die Erwähnung von „Dritten“ als Vertragspartnern in der Verordnung sind diese noch nicht in den Schutzbereich der Genehmigungsprüfung einbezogen. Diese Partner muss es notwendigerweise geben, wenn der Kirchengemeinde als Friedhofsträgerin solche Verträge grundsätzlich gestattet sind.
Soweit sich die Klägerin auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2002 (6 C 8.01, E 117,933 ff.) zur Stützung ihrer Klagebefugnis beruft, geht dies fehl. Mit dieser Entscheidung wird den Nutzern von Telekommunikationsdienstleistungen die Klagebefugnis hinsichtlich des Erlasses einer Anpassungsanordnung der Regulierungsbehörde nach § 30 Abs. 4 TKG gegenüber einem diese Dienstleistungen erbringendem Unternehmen zuerkannt. Denn bei der dort begehrten Anpassungsanordnung könne gemäß § 24 Abs. 2 TKG die Erhebung von Entgelten u.a. wegen ungerechtfertigter Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen oder ungerechtfertigter Bevorzugung einzelner Nachfrager ge-genüber anderen Nachfragern unzulässig sein. Es erscheine hiernach möglich, dass den Nutzern Rechte in Bezug auf die begehrten Anpassungsanordnungen zustünden.
Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Genehmigungserfordernisse der Verordnung über das Friedhofswesen lassen irgendwelche Schutzpositionen der Grundstückspächter oder Verwaltungshelfer nicht erkennen. Die Entscheidung über die Genehmigung hat sich allein an dem kirchlichen Interesse an einem geordneten Friedhofswesen nach den Maßstäben der christlichen Kirche zu richten. Es liegt völlig fern, dass die gewerblichen Interessen eines Anbieters von Bestattungsleistungen – wie hier die Klägerin - Berücksichtigung zu finden hätten. Soweit die Klägerin die Gefährdung ihrer Investitionen oder die Störung ihres Gewerbebetriebes durch die Versagung beklagt, hätte sie als fachkundige Marktteilnehmerin auf eine Vorab-Prüfung der Verträge durch die Beklagte hinwirken können. Sie hätte auch die unzweifelhaft klagebefugte Beigeladene vertraglich verpflichten können, gegen die Versagung der Genehmigungen gerichtlichen Rechtsschutz einzuholen. Wenn sie das unterlassen hat, kann sie hieraus keine Klagebefugnis ableiten.
Aus den weiteren von der Klägerin angezogenen Entscheidungen (BVerwG, Urt. vom 12. April 2018, 3 A 16.15, betreffend einen eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss, und BVerfG, B. vom 27. Oktober 1999, E 96,100 ff., betreffend Akteneinsicht in dem Gericht vorgelegte Verwaltungsvorgänge) vermag die Verwaltungskammer keine Erkenntnisse bezüglich einer Klagebefugnis von Personen, die außerhalb eines öffentlichen Aufsichtsverhältnisses stehen, zu entnehmen.
Vielmehr verweist die Verwaltungskammer zur Rechtslage beispielhaft auf das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. April 2006 (4 B 637/05, Datenbank des Gerichts), mit welchem die Verpflichtungsklage eines privaten Erschließungsträgers auf Erteilung der kommunalaufsichtlichen Genehmigung eines Erschließungsvertrages gegenüber der Gemeinde mangels Klagebefugnis als unzulässig behandelt wurde.
Ähnliche Fälle unzulässiger Klagen aus dem kirchlichen und staatlichen Aufsichtsrecht behandeln: bezüglich eines Kirchenältesten, der sich gegen die Auflösung eines Gemeindekirchenrats wandte - Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Urteil vom 27. Januar 2012, VGH.EKD 135/27-2011), bezüglich der Klage eines Vorstandsmitglieds gegen die Aufhebung einer Stiftung - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31. März 2006 (1 S 2115/05).
Da somit der Genehmigungsvorbehalt ausschließlich dem Schutz des öffentlich-kirchenrechtlichen Interesses zu dienen bestimmt ist, kann sich aus den allgemeinen Grundrechten, insbesondere Art. 2 I GG, 12 GG und 14 GG nicht ergeben, dass von der Klägerin ein subjektives Recht auf Genehmigungserteilung geltend gemacht werden könnte, ihr somit bereits die Klagebefugnis fehlt.
3. Ob der Klägerin ein Anspruch auf Erteilung der im Ermessen der Beklagten stehenden Genehmigung zusteht oder wenigstens auf eine erneute Prüfung des Genehmigungsantrages, die Klage also im Falle ihrer Zulässigkeit ganz oder teilweise begründet sein könnte, ist mit diesem Urteil nach Vorstehendem nicht zu klären.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kosten des Verfahrens sind gemäß § 60 VwGG.EKD der unterliegenden Klägerin aufzuerlegen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Verwaltungsgerichtshof der Evan-gelischen Kirche in Deutschland zu.
Die Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei der
Verwaltungskammer bei dem Kirchengericht
der Evangelischen Kirche in Deutschland
c/o Kirchenamt der EKD
Herrenhäuser Straße 12
30419 Hannover
der Evangelischen Kirche in Deutschland
c/o Kirchenamt der EKD
Herrenhäuser Straße 12
30419 Hannover
schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem
Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
c/o Kirchenamt der EKD
Herrenhäuser Straße 12
30419 Hannover
c/o Kirchenamt der EKD
Herrenhäuser Straße 12
30419 Hannover
eingeht.
Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung materiellen Rechts oder auf Verfahrensmängeln beruht.
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist beim Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden Richter verlängert werden.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland müssen sich die Beteiligten, soweit sie einen Antrag stellen, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder vergleichbarer juristischer Qualifikation vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision sowie für Beschwerden und sonstige Nebenverfahren, bei denen in der Hauptsache Vertretungszwang besteht. Die Person muss Mitglied einer Kirche sein, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland angehört.
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