.Durchführungsbestimmungen
Vom 19. Mai 2017
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Durchführungsbestimmungen
über die Durchführung von Eskalationsgesprächen
gemäß Rechtsverordnung zum Vorgehen bei
Verdacht auf Vorliegen einer Suchterkrankung
oder -gefährdung bei Pfarrerinnen und Pfarrern
Vom 19. Mai 2017
####1. Erster Gesprächsgang – vertrauliches Gespräch
Liegen bei einer Person nach § 1 der Rechtsverordnung zum Vorgehen bei Verdacht auf Vorliegen einer Suchterkrankung oder -gefährdung1# tatsächliche Anhaltspunkte vor, die auf eine Suchtgefährdung oder Abhängigkeit hinweisen (z.B. Unpünktlichkeit, unentschuldigte Kurzfehlzeiten, starke Leistungsschwankungen, Konzentrationsstörungen, Störungen des Arbeitsfriedens), so führt die oder der Dienstvorgesetzte2# mit der Person nach § 1 ein vertrauliches Gespräch.
Die betroffene Person kann sich durch eine Person ihres Vertrauens sowie durch ein Mitglied der Pfarrvertretung begleiten lassen.
Ziel des Gesprächs ist es, die betroffene Person mit den o.a. Sachverhalten zu konfrontieren und Wege zur Hilfe aufzuzeigen (z.B. Kontaktaufnahme mit der Hausärztin oder dem Hausarzt, einer Suchtberatungsstelle, einer Selbsthilfegruppe).
Mit dem Gespräch ist der Hinweis zu verbinden, dass der Vorfall ohne Konsequenzen bleibt, wenn sich keine weitere Auffälligkeit ergibt.
Gleichzeitig ist der betroffenen Person deutlich zu machen, dass bei fortdauerndem Missbrauch von Suchtmitteln oder anderem süchtigen Verhalten dienst- bzw. arbeitsrechtliche Maßnahmen herangezogen werden können.
Über dieses Gespräch ist zwischen den Gesprächspartnern Stillschweigen zu vereinbaren. Ein Vermerk, dass dieses Gespräch stattgefunden hat, ist im verschlossenen Umschlag zur Personalakte zu nehmen und für den Fall, dass es zu keinem Eskalationsgespräch kommt, nach sechs Wochen zu vernichten.
Es wird ein Rückmeldegespräch nach Ablauf von ca. vier bis sechs Wochen vereinbart. Ziel des Rückmeldegesprächs ist es, der betroffenen Person eine Rückmeldung über Einhaltung von Absprachen zu geben. Schriftliche Aufzeichnungen werden nicht gefertigt. Das Rückmeldegespräch kann entfallen, wenn offensichtlich ist, dass keine positive Verhaltensänderung eingetreten ist.
#2. Zweiter Gesprächsgang – erstes und zweites Eskalationsgespräch
Ist im Verhalten der betroffenen Person nach ca. vier bis sechs Wochen keine ausreichende positive Veränderung festzustellen – besonders wenn es zu einer erneuten Vernachlässigung der dienstlichen Pflichten kommt –, führt die oder der Dienstvorgesetze mit der betroffenen Person ein erstes Eskalationsgespräch. An dem Gespräch nimmt die oder der Suchtbeauftragte teil. Die betroffene Person kann sich durch eine Person ihres oder seines Vertrauens sowie durch ein Mitglied der Pfarrvertretung begleiten lassen. Die betroffene Person wird aufgefordert, ein konkretes individuelles Hilfsangebot in der Suchtberatung, Suchttherapie oder andere medizinische Hilfe anzunehmen und diese Maßnahme dokumentieren zu lassen. Die betroffene Person wird aufgefordert, der oder dem Dienstvorgesetzten eine Bescheinigung über die Wahrnehmung dieser Maßnahme vorzulegen.
Die betroffene Person wird darauf hingewiesen, dass suchtbedingtes Fehlverhalten und der Verstoß gegen die erteilten Auflagen dienstrechtliche bzw. arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge hat.
Es wird ein Protokoll über das Eskalationsgespräch erstellt, dem Landeskirchenamt übermittelt und zur Personalakte genommen. Das gilt auch für alle weiteren Eskalationsgespräche.
Es wird ein zweites Eskalationsgespräch nach Ablauf von ca. vier bis sechs Wochen in Aussicht gestellt. Fällt die betroffene Person innerhalb dieses Zeitraums weiterhin durch Fehlverhalten am Arbeitsplatz auf oder hat sie das Hilfsangebot aus dem ersten Eskalationsgespräch nicht angenommen, so setzt die oder der Dienstvorgesetzte kurzfristig den Termin für dieses zweite Eskalationsgespräch fest. An dem zweiten Eskalationsgespräch nimmt der Personenkreis aus dem ersten Eskalationsgespräch teil. Die Leitung des Dezernates für Personalverwaltung ist über dieses Gespräch zu informieren und kann daran teilnehmen oder sich vertreten lassen. Der betroffenen Person werden dienst- oder arbeitsrechtliche Maßnahmen für den Fall angekündigt, dass es erneut zu Verletzungen der dienstlichen oder arbeitsvertraglichen Verpflichtungen kommt.
#3. Dritter Gesprächsgang – drittes Eskalationsgespräch
Wird das Hilfsangebot nach dem zweiten Eskalationsgespräch im Verlauf von vier bis sechs Wochen nicht angenommen oder zeigen sich weitere Auffälligkeiten – besonders wenn weiterhin dienst- oder arbeitsrechtliche Pflichten verletzt werden, findet auf Veranlassung der oder des Dienstvorgesetzten ein drittes Eskalationsgespräch unter Leitung einer Vertreterin oder eines Vertreters des Landeskirchenamts statt. An diesem Gespräch nehmen auch die oder der zuständige Dienstvorgesetzte und die oder der Suchtbeauftragte teil. Die betroffene Person kann sich durch eine Person ihres oder seines Vertrauens sowie durch ein Mitglied der Pfarrvertretung begleiten lassen.
Die betroffene Person kann wegen der Pflichtverletzung nach Satz 1 schriftlich ermahnt wer-den.
Liegt aus Sicht der betroffenen Person eine Suchtgefährdung oder –erkrankung nicht vor, wird deutlich gemacht, dass weitere Verletzungen dienstlicher Pflichten zu dienst- oder arbeitsrechtlichen Maßnahmen führen können. Die weiteren Schritte dieses Eskalationsmodells werden aufgezeigt.
Legt die betroffene Person dar, dass ihr oder sein Verhalten auf einer Suchtproblematik beruhen könnte, wird sie bzw. er erneut aufgefordert, sich in eine Suchtberatung bzw. Suchttherapie zu begeben. Hierfür wird ihr bzw. ihm Unterstützung zugesichert. Es können der betroffenen Person weitere Auflagen gemacht werden (z.B. regelmäßige Meldungen bei der oder dem Dienstvorgesetzten).
Auch in diesem Fall wird deutlich gemacht, dass weitere Verletzungen dienstlicher Pflichten zu weiteren dienst- oder arbeitsrechtlichen Maßnahmen führen können und die weiteren Schritte dieses Eskalationsgesprächs aufgezeigt.
#4. Vierter Gesprächsgang – viertes Eskalationsgespräch
Wird im Verlauf von vier bis sechs Wochen nach dem dritten Eskalationsgespräch das Hilfsangebot nicht angenommen oder werden die angeordneten Auflagen nicht erfüllt oder werden weiterhin dienstliche Pflichten verletzt, kann der betroffenen Person eine Abmahnung oder Verwarnung bzw. eine schriftliche Ermahnung erteilt werden.
Zusätzlich findet ein viertes Eskalationsgespräch mit dem Personenkreis des dritten Eskalationsgesprächs unter Leitung einer Vertreterin oder eines Vertreters des Landeskirchenamtes statt. Die betroffene Person kann sich durch eine Person ihres oder seines Vertrauens sowie durch ein Mitglied der Pfarrvertretung begleiten lassen.
#5. Arbeits- und dienstrechtliche Maßnahmen
Lehnt die betroffene Person nach Ablauf der vereinbarten Frist weiterhin therapeutische Maßnahmen ab bzw. nimmt innerhalb von vier bis sechs Wochen weiterhin keine therapeutischen Maßnahmen in Anspruch oder werden weiter dienstliche Pflichten verletzt, entscheidet das Landeskirchenamt über die zu treffenden arbeits- oder dienstrechtlichen Maßnahmen, die bei angestellten betroffenen Personen auch in einer Kündigung bestehen können. Bei öffentlich-rechtlich bediensteten betroffenen Personen können disziplinarische Maßnahmen getroffen werden, die über einen Verweis hinausgehen können. Zudem kann die Dienstausübung vorläufig untersagt werden.
Die Möglichkeit weiterer arbeits- und dienstrechtlicher Maßnahmen bleibt bei Vorliegen von deren Voraussetzung unberührt.
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2 ↑ Dienstvorgesetzte sind bei Inhaberinnen und Inhabern gemeindlicher oder kreiskirchlicher Pfarrstellen bzw. bei Wahrnehmung von nichtstellengebundenen Aufträgen oder Wartestandsaufträgen in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und deren Verbänden die Superintendentin oder der Superintendent. Bei Pfarrstellen, nichtstellengebundenen Aufträgen oder Wartestandsaufträgen, bei denen Anstellungsträger die Landeskirche ist, liegt die Dienstaufsicht bei der Leitung des zuständigen Fachdezernats im Landeskirchenamt. Bei Pfarrerinnen und Pfarrer im Probedienst, im Wartestand und bei Vikarinnen und Vikaren liegt die Dienstaufsicht beim zuständigen Dezernat der Personalabteilung im Landeskirchenamt.
2 ↑ Dienstvorgesetzte sind bei Inhaberinnen und Inhabern gemeindlicher oder kreiskirchlicher Pfarrstellen bzw. bei Wahrnehmung von nichtstellengebundenen Aufträgen oder Wartestandsaufträgen in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und deren Verbänden die Superintendentin oder der Superintendent. Bei Pfarrstellen, nichtstellengebundenen Aufträgen oder Wartestandsaufträgen, bei denen Anstellungsträger die Landeskirche ist, liegt die Dienstaufsicht bei der Leitung des zuständigen Fachdezernats im Landeskirchenamt. Bei Pfarrerinnen und Pfarrer im Probedienst, im Wartestand und bei Vikarinnen und Vikaren liegt die Dienstaufsicht beim zuständigen Dezernat der Personalabteilung im Landeskirchenamt.