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Erläuterung zu § 26 Kirchenorganisationsgesetz

Dezernat 4.1

Stand: 10.06.2024

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I. Wann müssen Bevollmächtigte bestellt werden?

Der Kreissynodalvorstand bestellt Bevollmächtigte, wenn kein Presbyterium einer Kirchengemeinde existiert oder es nicht in der Lage ist, seine Aufgaben wahrzunehmen. Dies ist in folgenden Fällen der Fall:
  1. Durch Fusion ist eine neue Kirchengemeinde entstanden (§ 26 Absatz 1 a) KOG).
  2. Das Presbyterium ist dauernd beschlussunfähig (§ 26 Absatz 1 b) KOG).
  3. Das Presbyterium ist dauernd arbeitsunfähig (§ 26 Absatz 1 b) KOG).
  4. Dem Presbyterium ist wegen Pflichtverletzung die Ausübung seines Amtes vorläufig untersagt oder es ist infolgedessen endgültig aufgelöst (§ 26 Absatz 1 c) KOG).
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II. Wer kann zu Bevollmächtigten bestellt werden?

Bei der Auswahl der Bevollmächtigten ist der Kreissynodalvorstand relativ frei:
  1. Es müssen mehrere Personen sein.
  2. Die Bevollmächtigten müssen ordinierte Theologinnen oder Theologen oder zum Presbyteramt befähigt sein (§ 26 Absatz 3 KOG).
  3. Der Kreissynodalvorstand kann auch bisherige Presbyterinnen und Presbyter zu Bevollmächtigten bestellen, es sei denn, dass die Kirchenleitung den Presbyterinnen und Presbytern die Wahlfähigkeit entzogen hat (§ 24 Absatz 2 Satz 2 KOG).
Wegen der wenigen vorgenannten Vorgaben ist der Kreissynodalvorstand frei, ob er zum Beispiel
  • zwei oder mehr Personen,
  • Mitglieder der betroffenen Kirchengemeinde oder anderer Kirchengemeinden,
  • Mitglieder des bisherigen Presbyteriums, Mitarbeitende der Kirchengemeinde oder andere Mitglieder der Kirchengemeinde,
  • Theologinnen oder Theologen sowie zum Presbyteramt Befähigte
zu Bevollmächtigten bestellt.
Dieser weite Ermessensspielraum ist dem Kreissynodalvorstand gegeben, damit er den unterschiedlichen Situationen gerecht werden kann. So wird er zum Beispiel nur wenige Bevollmächtigte zu bestellen brauchen, wenn diese so schnell wie möglich das neue Presbyterium bilden sollen. Ist das jedoch nicht ratsam, etwa weil die Unruhe in der Kirchengemeinde eine Presbyteriumswahl zurzeit nicht zulässt und die Bevollmächtigten für ein oder zwei Jahre ihr Amt führen sollen, so wird es zweckmäßig sein, dass der Kreissynodalvorstand sich bei der Bestimmung der Zahl der Bevollmächtigten nach den Mindestzahlen für ein Presbyterium gemäß § 4 PWG richtet.
Bestimmte für Presbyterien geltende Grundprinzipien kommen auch bei der Bestellung von Bevollmächtigten zur Anwendung. Die Zahl der Theologinnen und Theologen darf die der anderen Bevollmächtigten nicht übersteigen. Außerdem dürfen Mitarbeitende der Kirchengemeinde ein Viertel der Zahl der Presbyterinnen und Presbyter nicht überschreiten und auch nicht den Vorsitz oder Entscheidungsbefugnisse eines Kirchmeisters oder einer Kirchmeisterin übernehmen.
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III. Verfahren

Der Kreissynodalvorstand stellt die Bevollmächtigten durch Beschluss fest und bestimmt zugleich die Vorsitzende oder den Vorsitzenden der Bevollmächtigten (§ 26 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 2 KOG). Es ist sicherzustellen, dass die Bevollmächtigten das Gelübde abgelegt haben, eine gesonderte Einführung findet aber nicht statt.
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IV. Amtszeitende

Das Amt einer oder eines einzelnen Bevollmächtigten endet durch Beschluss des Kreissynodalvorstandes, nachdem die bzw. der Betroffene angehört worden ist oder ihren bzw. seinen Rücktritt erklärt hat. Im Übrigen erlischt das Amt der Bevollmächtigten mit der Einführung der neu gewählten Presbyterinnen und Presbyter oder mit der Aufhebung einer vorläufigen Amtsuntersagung durch die Kirchenleitung (§ 26 Absatz 4 KOG).
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V. Befugnisse der Bevollmächtigten

In allen Fällen, in denen Bevollmächtigte bestellt werden müssen, sind die Bevollmächtigen zur Leitung der Kirchengemeinde berufen. Sie nehmen die Aufgaben und Befugnisse des Presbyteriums vertretungsweise wahr und haben dabei die vollen Kompetenzen eines Presbyteriums (§ 26 Absatz 2 KOG). Sie können insofern auch wichtige nicht verschiebbare Strukturentscheidungen treffen.
Sofern die Bevollmächtigten nicht nur wegen einer vorläufigen Amtsuntersagung bestellt sind, führen sie die Neubildung des Presbyteriums durch, die außerhalb des Vierjahresturnus erfolgen kann. Mit der Möglichkeit, vor der nächsten turnusmäßigen Wahl die Neubildung eines Presbyteriums herbeizuführen, ist keine Verpflichtung zur unverzüglichen Neubildung begründet. In den Fällen, wo es keinerlei Hindernisse gibt, eine unverzügliche Neubildung des Presbyteriums herbeizuführen, sollte dies auch geschehen. In der Regel wird aber bis zur nächstmöglichen turnusmäßigen Wahl abgewartet. Eine Ausnahme könnte es nur für den Fall geben, dass die turnusmäßige Wahl unmittelbar bevorsteht und die Unruhe in der Gemeinde so groß ist, dass es nicht sinnvoll ist, zu diesem Zeitpunkt eine Wahl durchzuführen.
Da die Bevollmächtigten die Kirchengemeinde vollumfänglich vertreten, können sie auch eine Gemeindesatzung beschließen, Fachausschüsse bilden, das Kirchmeisteramt übertragen und Abgeordnete in die Kreissynode wählen.
Die von den Bevollmächtigten gefassten Beschlüsse binden die Kirchengemeinde solange das neu gewählte Presbyterium keine Änderungen beschließt.